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Projekt

Strafverfahren im Wandel: Mittelbare Beweisführung und Einvernahmeprotokolle

Die Einführung der schweizerischen Strafprozessordnung im Jahr 2011 brachte wichtige Neuerungen bezüglich der Verteidigungsrechte sowie eine Stärkung effizienzorientierter Verfahrensformen mit sich. In unserem Projekt, das vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert und an der Universität Basel durchgeführt worden ist, beschäftigten wir uns mit diesen Wandlungsprozessen und ihren Effekten auf die Verfahrenspraxis. Der Schwerpunkt unserer Arbeit lag auf der mittelbaren Beweisführung und den Einvernahmeprotokollen, die an Relevanz gewonnen haben.

Schriftprotokolle von mündlichen Befragungen der beschuldigten Person, von Zeugen oder Auskunftspersonen sind wichtige Beweismittel in Strafverfahren. Sie tragen dazu bei, den Vorfall zu rekonstruieren und die Glaubhaftigkeit der Aussagen zu beurteilen. Wie eine Einvernahme protokolliert wird, kann deshalb verschiedene Entscheidungen in Strafverfahren beeinflussen. Besondere Bedeutung erhalten Protokolle in beschleunigten Strafverfahren. Richter können darauf verzichten, Zeugen erneut zu befragen, und Staatsanwältinnen müssen in der Schweiz die beschuldigte Person nicht zwingend persönlich anhören, bevor sie einen Strafbefehl erlassen. Der Richter oder die Staatsanwältin macht sich also unter Umständen einzig aufgrund des Protokolls ein Bild von der befragten Person und ihrer Aussage.

Forschungsfragen

Die zentralen Forschungsfragen im Projekt „Strafverfahren im Wandel“ lauteten:

  • Wie sind Einvernahmeprotokolle gestaltet?
  • Von welchen Einflussfaktoren hängt die Protokollierungsweise ab?
  • Wie wirken Protokolle auf ihre Rezipienten im Strafverfahren (bzgl. Einschätzungen und späterer Entscheidungen im Verfahren)?

Empirische Untersuchungen

Eine Aktenstudie zu Einvernahmeprotokollen der Polizei, der Staatsanwaltschaften und Gerichte sowie eine Befragung von Richterinnen und Richtern bildeten die wichtigsten Teilprojekte von „Strafverfahren im Wandel“.

Mit der umfassenden Aktenstudie untersuchten wir systematisch und vergleichend, wie in der Schweiz protokolliert wird. Es wurden Protokollstile und wichtige Einflussfaktoren identifiziert. Bis Ende 2010 wurden Protokolle nach den gesetzlichen Vorgaben und Konventionen der einzelnen Kantone hergestellt. Diese Einvernahmeprotokolle verglichen wir mit Protokollen, die nach Inkrafttreten der schweizerischen Strafprozessordnung am 1. Januar 2011 entstanden sind.

Anhand der Richterbefragung untersuchten wir den Einfluss von Protokollierungsweisen auf Einschätzungen zu Protokollanforderungen und den an der Einvernahme beteiligten Personen. Diese Einschätzungen beeinflussen Entscheidungen darüber, wie weiter ermittelt werden soll und welches Urteil angemessen ist. Über 600 Richterinnen und Richter haben sich an der Befragung, die sich auf ein experimentelles Design stützt, beteiligt.

Ausserdem haben wir im Rahmen der Aktenstudie Analysen zur Rechtsbelehrungspraxis, zum Schweigerecht und zur Anwesenheit der Verteidigung in Einvernahmen durchgeführt. Unsere Ergebnisse wurden laufend publiziert.

Für Informationen über weitere empirische Untersuchungen siehe auch Dissertationen und assoziierte Forschungsprojekte.

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